Häftlingsbiografien im Fokus - Lions Club Porta Westfalica und Mindener Geschichtsverein ermöglichen Führungen
Schülerinnen und Schüler des Besselgymnasiums und des Herder-Gymnasiums hatten Mitte Juni zum ersten Mal die Möglichkeit, gemeinsam die KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica zu besuchen und an Führungen durch den Gedenkort in der ehemaligen Untertageverlagerung Dachs I teilzunehmen.
In den Jahren 1944 und 1945 mussten etwa 3000 Menschen in drei KZ-Außenlagern an der Porta Westfalica unter und über Tage Zwangsarbeit für die Nationalsozialisten leisten. Die Lager waren Teil des Außenlager-Netzwerkes des Konzentrationslagers Neuengamme, welches sich über den gesamten norddeutschen Raum von Westfalen bis an die deutsch-dänische Grenze erstreckte.
Koordiniert wurde die Veranstaltung vom ehemaligen Vorsitzenden des Mindener Geschichtsvereins Peter Kock: „Der Besuch der NS-Gedenkorte in unmittelbarer Nähe ist mir besonders wichtig, um die vor Ort begangenen Verbrechen während NS-Zeit erfassen zu können. Das ist gerade für Schulen ein wichtiger Beitrag zur historisch-politischen Bildung und ich freue mich, dass wir das mit der Gedenkstätte und dem Lions Club in Porta gemeinsam ermöglichen können.“ Der Mindener Geschichtsverein hat eine Broschüre zu Erinnerungsorten in der Region erstellt, die über dessen Geschäftsstelle bezogen werden kann.
Während der anderthalbstündigen Führungen erhielten die Gruppen einen Einblick in die Geschichte der KZ-Außenlager, der Zwangsarbeit und der Rüstungsverlagerungen vor Ort. Im Fokus standen die Lebensgeschichten der Opfer und Überlebenden. Die Schülerinnen und Schüler griffen die biografischen Details auf und entwickelten während des Führungsverlaufes eigene Fragestellungen und Impulse. Thomas Lange, Geschäftsführer der KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica betont die Wichtigkeit des Austauschs: „Wir sind im Rahmen unserer pädagogischen Arbeit sehr am Dialog zwischen Guides und Teilnehmenden interessiert. Die profunden Beiträge der Schülerinnen und Schüler zeigen, wie sinnvoll es ist, Dachs I nicht über die technische Seite als zweifelhaftes NS-Bauprojekt, sondern über die persönlichen Eindrücke ehemaliger Häftlinge zugänglich zu machen.
Die öffentlichen Führungen in der ehemaligen Untertageverlagerung Dachs I sind sehr nachgefragt, die Wartezeit kann bis zu zwei Jahre betragen. Dies gilt aber nicht für Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Thomas Lange „Wir verstehen uns als außerschulischer Lernort, insofern ermöglichen wir Schulen selbstverständlich auch eine Teilnahme mit einer kürzeren Vorlaufzeit, die in die jeweiligen Unterrichtsplanungen eines Jahres passt. Eingeschränkt werden die Möglichkeiten nur durch den kurzen Öffnungszeitraum des Gedenkortes, der sich aus artenschutzrechtlichen Gründen ergibt.“ Zur Vorbereitung der Führungen bietet die Gedenkstätte auch Materialien und Workshops an, die von unterschiedlichen Schulformen auch schon vor dem Start der Führungen genutzt und wahrgenommen werden können.
Unterstützt wurden die Veranstaltungen durch Spenden des Lions Club Porta Westfalica, die aus den Erlösen des bekannten Adventsloskalenders des Clubs kommen.
Die Angebote für die weiterführenden Mindener Schulen sollen auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden.
Über den Besuch gibt es auch einen Fernsehbeitrag des WDR Fernsehens, Lokalzeit OWL vom 18.06.2025 (WDR Lokalzeit OWL | 18.06.2025 - hier anschauen, ab Minute 5:27)